Wer nach Marburg fährt, kann was erleben
- Klaus Theissing
- 4. Dez. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Drei Sonderfahrten innerhalb von acht Tagen – das kommt bei einer Museumseisenbahn auch nicht oft vor. Nach zwei geschlossenen Gesellschaften auf unserer Kleinbahn, ging es am 20. August wieder für die Museumseisenbahn Hamm auf die große Schiene. Das Ziel? Marburg an der Lahn (Hessen). Der Wirtschaftswunderzug wurde vom renovierten «Deutschen Krokodil», Baujahr 1945, gezogen.

Die Fahrgäste sollten einen schönen Tag erleben. Nicht nur Marburg, sondern auch bereits der Weg durch das Ruhrgebiet und das Sauerland ist durchaus sehenswert.
Der Dortmunder Hbf war aufgrund eines Starkregenereignisses und des in der Folge «untergegangenen» Stellwerks nicht erreichbar. Ein sehr präziser Sturzregen hatte den Relaisraum geflutet – nichts ging mehr! In Dortmund sollten Fahrgäste aufgenommen werden, im bereits hinter uns liegenden Kamen auch – sie konnten aber nicht erreicht werden.
Das Personal aus dem Norden weichte angesichts ausgefallener Regionalbahnen auf das Auto aus, stand aber auf der Bundesstrasse einem verunfallten Sattelzug gegenüber.
Eine Museumseisenbahn gibt nicht auf!
Dortmund und Kamen fielen also aus, aber der Zug fuhr mit 20 Minuten Verspätung auf eine Umleitungsstrecke über die sog. Nordbahn, die Gütermagistrale längs des Ruhrgebiets, los. So streiften wir Recklinghausen und Bochum, ehe mit nur 30 Minuten Verspätung die nächsten Fahrgäste in Witten aufgenommen wurden. Ein weiterer Halt in Letmathe brachte noch einmal einen großen Zustieg, dann ging es die Lenne aufwärts durch viele Tunnel. Ständig wieder die Lenne überquerend, fuhren wir über Plettenberg und Finnentrop in Richtung Kreuztal und weiter nach Hessen, während wir laufend die verlorenen Minuten wiedergutmachten.
Letztlich waren es in Marburg am Ziel nur noch +17 Minuten – weniger Verspätung als bei der Abfahrt in Hamm. So konnten unsere Fahrgäste, die wir während der Fahrt immer auf dem Laufenden gehalten hatten, in aller Ruhe die Stadt besichtigen, ohne dabei unter Zeitdruck zu geraten.
«Die Rechnung ohne den FDL gemacht!»
Die Rückfahrt barg leider eine neue Überraschung. Dass wir wieder umgeleitet werden mussten, wussten wir bereits und hatten dafür auch zeitig die dienstlichen Unterlagen erhalten und die Fahrgäste auf zusätzliche 30 Minuten Fahrzeit hingewiesen. Dass der Fahrdienstleiter (FDL) in Gießen leider einen schlechten Tag hatte und uns eine Fahrstraße nach Frankfurt eingestellt hatte, wussten wir vorher nicht, … bis wir plötzlich in einem Vorortbahnhof zum Halten kamen, der nicht am geplanten Weg lag. Jetzt zahlte es sich aus, dass wir am Zugschluss unsere Diesellok 212 mitführten, was eigentlich nicht vorgesehen war. Schnell wurde die Lok besetzt, dann konnte sie uns in den Gießener Bahnhof zurückziehen. So konnte das Fahrmanöver relativ zügig absolviert werden.

Der zweite Versuch klappte dann: Mit 40 Minuten Verspätung ging es weiter, diesmal auf dem richtigen Weg über Wetzlar, Dillenburg auf Kreuztal zu und weiter ab Kirchhundem die Lenne hinab. Die zusätzliche Verspätung war natürlich sehr ärgerlich und einige Fahrgäste sorgten sich um ihren letzten Anschluss ab Hamm heimwärts.
Trotz allem war die Stimmung im Zug locker und sehr positiv, was uns viele Fahrgäste persönlich zum Ausdruck brachten. Marburg hatte ihnen sehr gut gefallen. Doch auch die gute Versorgung im Zug und letztlich auch, dass wir alles, was wir über die Betriebslage wussten, direkt an sie weitergegeben haben, hat ihnen den Tag trotz einigen Zusatzmanövern gerettet. Die große Verspätung haben viele als gar nicht so schlimm angesehen. Wie gut, dass die großen Eisenbahnen hier die Ansprüche deutlich gesenkt haben ...
Fotos
194er: Rainer Moll,
212er: Finn Krämer, Veröffentlichungen erfolgt mit freundlicher Genehmigung
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